Am 22. November 2025 hat das Referat »Kultur und Pferd« des Niederösterreichischen Pferdesportverbands (NOEPS) als Veranstalter in Kooperation mit der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik, dem Österreichischen Pferdesportverband (OEPS), dem Österreichischen Kuratorium für Therapeutisches Reiten (OKTR) und dem Reitkultur-Verein Weiß-Blau-Gold zum Fachtag „Ethik und Kultur in der Pferdewelt“ an die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien geladen. Rektor Thomas Haase hat in seiner Begrüßung die Bedeutung des Pferdes für seine Hochschule und die langjährige bereichernde Zusammenarbeit mit Referat »Kultur und Pferd« des Niederösterreichischen Pferdesportverbands unterstrichen. Otto Kurt Knoll, Kulturreferent des Niederösterreichischen Pferdesportverbands, bedankte sich als Kursleiter des Fachtages bei der Hochschule, allen Teilnehmer:innen, den Vortragenden, den Kooperationspartnern, dem Organisationsteam, den Vertreter:innen der Presse, dem Team der Mensa und bei allen, die zum Gelingen beigetragen haben. Die Kulinarik an der Hochschule, mit regionalen Bioprodukten zubereitet, spiegelte die traditionelle österreichische sowie die vegane Küche wider und wurde in höchsten Tönen gelobt. Zur Erinnerung an die Fortbildungsveranstaltungen wurde an die Teilnehmenden ein Originalkupferstich mit dem Sujet „Noriker | Lipizzaner“ als Geschenk übergeben.
Pferdesport ist weit mehr als Leistung und Technik – er ist ein Teil unserer Kultur und fordert bewusstes ethisches Handeln im Umgang mit dem Partner Pferd. Diese Fortbildungsveranstaltung hat sich an Ausbildner:innen, Richter:innen, Pferdesportler:innen sowie alle, die sich für Ethik, Kultur und verantwortungsvollen Pferdesport interessieren, gerichtet. Die Teilnahme wurde als Fortbildung für zahlreiche Lizenzen des Österreichischen Pferdesportverbands sowie des Österreichischen Kuratoriums für Therapeutisches Reiten anerkannt. Auch die renommierten Schweizer Verbände, Swiss Equestrian (das Schweizer Äquivalent in der Schweiz) und Equi-Scope unterstützten die Veranstaltung.
Die Schweiz war unter anderem durch Charles Trolliet, Präsident von Equiscope, und Thomas Frei, dem langjährigen Chefredaktor und Verleger des Pferdemagazins Kavallo, vertreten; Deutschland unter anderem durch Richard Hinrichs, Präsident des Bundesverbandes für klassisch-barocke Reiterei Deutschland e.V. Als Repräsentanten des Präsidiums des Österreichischen Pferdesportverbands waren Vizepräsident Ludwig Hoffmann (Präsident des Steirischen Pferdesportverbands) und Dietrich Sifkovits (Präsident des Burgenländischen Pferdesportverbandes) zugegen.
Im Rahmen spannender Vorträge beleuchteten hochkarätige Referent:innen zentrale Themen rund um die Ethik, die Rosskultur und den Stellenwert des Pferdes in unserer Gesellschaft.
Thomas Gremsl, Universitätsprofessor für Ethik und Gesellschaftslehre an der Universität Graz, hielt einen Vortrag zum Thema "Die Ethik als Teil der angewandten Philosophie" und einen zum Thema "Grundlagen, Dimensionen und Modelle der Ethik in Bezug auf Mensch und Pferd“. Gremsl: Gerade in Zeiten normativer Unsicherheiten, in denen gesellschaftliche Wertvorstellungen unter Druck geraten und Entscheidungsprozesse zunehmend komplexer werden, ist Orientierung für unser Handeln unverzichtbar. Ethik kann hier mit ihren Theorien und Reflexionsbemühungen dazu beitragen orientierende Perspektiven zu eröffnen, die sich an gehaltvollen Werten und Prinzipien orientieren und verantwortliches Handeln ermöglichen respektive fördern. Dabei gilt es im Sinne einer angewandten Ethik, die Lebensrealität der Menschen und die tatsächlich gegebenen Bedingungen in den unterschiedlichsten Bereichen unseres Lebens ernst zu nehmen – so auch im Sport. Dort geht es nicht nur um Fragen von Fairness, Leistungsorientierung und Verantwortung gegenüber den Beteiligten, sondern ebenso um das Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Pferde sind keine Instrumente, sondern empfindungsfähige Lebewesen, deren Wohl und Integrität zu achten sind. Es handelt sich letztlich um ein partnerschaftliches Verhältnis, das auf Respekt, Fürsorge und einem bewussten Umgang mit den Grenzen und Bedürfnissen des Pferdes beruhen muss.
Auf Empfehlung von Reitmeister Arthur Kottas-Heldenberg sprach Richard Hinrichs, Präsident des Bundesverbandes für klassisch-barocke Reiterei Deutschland e.V., zum Thema "Die Reitkunst ist das Fundament und die Zukunft allen Pferdesportgeschehens." Hinrichs: Ethisch vertretbar ist eine Reiterei, die Pferde körperlich und seelisch unversehrt lässt und im besten Fall gesunderhaltend trainiert. Für die Reitkunst und den Reitsport gelten diese Voraussetzungen gleichermaßen. Die Praxis entspricht dem nicht immer. Im Sport sind bei gleichen Anforderungen die Besten festzustellen, und zwar ohne Berücksichtigung der persönlichen Stärken und Schwächen der Pferde, die in der Kunst stärkere Berücksichtigung finden können. Zu hoffen ist, dass die kreativen Ansätze einer feinen Reiterei ohne Effekthascherei in der Kunst weiterhin realisiert werden und positiv auf den Sport ausstrahlen. Mögen Folgeveranstaltungen zum Fachtag "Ethik und Kultur in der Pferdewelt" vom 22.11.2025 in Wien auch in Deutschland zur Akzeptanzsteigerung der Menschen für den Umgang mit Pferden beitragen!
Otto Kurt Knoll, Bundeskulturreferent des Österreichischen Pferdesportverbandes legte seine Sichtweise zum Thema "Der Kulturfaktor Pferd als Potential für den Pferdesport" dar. Knoll: Der kulturelle Aspekt wird manchmal sehr oberflächlich betrachtet als gegensätzlich zum sportlichen verstanden. Das Gegenteil ist wahr. In vereinfachter Weise ausgedrückt ist die Ausübung des Pferdesports auch eine Frage der persönlichen Lebenskultur und der einer Gemeinschaft. Sport und Kultur gehören als Einheit zu jenen Bereichen im menschlichen Leben, die für das Wohlbefinden von enormer Bedeutung sind. Ich zitiere gerne Leopold Neuhold, Universitätsprofessor für Ethik und Gesellschaftslehre an der Universität Graz, der die Interaktion Sport und Kultur folgendermaßen definiert: „Damit der Sport der Ausgestaltung des menschlichen Lebens, …, gerecht werden kann, muss er in die Kultur eingebettet sein und die in der Kultur verankerten Werte verfolgen.“
Die Literaturwissenschaftlerin an der Universität Wien und an der Veterinärmedizinischen Universität Wien Sonja Schreiner hielt einen Vortrag zum Thema "Xenophon - ein Pferdemensch?". Schreiner ging zurück zu den Wurzeln der europäischen Reitkunst im antiken Griechenland. Die Teilnehmer:innen des Fachtags lernten die Schriften „Hipparchikos“ und „Peri hippikes“ kennen, in denen der Philosoph und Kavallerist Xenophon die zentralen Prinzipien seiner Pferdeethik darlegt. Die Wissenschaftlerin: Der Philosoph Xenophon entwickelt ein Regelwerk für den richtigen Umgang mit Pferden in Krieg und Frieden, bei Paraden, Prozessionen und in der Schlacht und erweist sich als erfahrener Pferdekenner, der sein entwickeltes Wissen an die nächste Generation weitergeben möchte – zum Wohl von Reiter und Pferd: Der liebevolle Umgang mit Fohlen, Sozialisation und Desensibilisierung entsprechen ebenso seinem Ethos wie positive Verstärkung und Gefühl für das Pferd als Partner. Zwar müssen Kosten und Nutzen im richtigen Verhältnis zueinanderstehen, aber nur selten sind Härte oder Zwang für den stets an einer vertrauensvollen und in Krisensituationen lebenswichtigen Bindung arbeitenden Pferdemenschen ein Thema, der schon früh und zukunftsweisend erkannt hat, dass Training auf Miteinander und natürlichem Verhalten aufbauen soll, nicht auf Gewalt: Geht es dem Pferd gut, geht es dem Menschen gut und umgekehrt.